Brasilien gehört zu den Ländern mit der ungerechtesten Landverteilung überhaupt. Die Hälfte der knapp sechs Millionen Bauern hatte 1989 weniger als 10 Hektar zur Verfügung - insgesamt drei
Prozent der Gesamtbetriebsfläche des Landes. Knapp die Hälfte des überhaupt nutzbaren Bodens gehört dagegen rund 6.000 „Fazendeiros", Grossgrundbesitzern, die jeweils mehr als 1.000 Hektar grosse
Farmen haben - und oft nur einen kleinen Teil davon bewirtschaften. Der Grund: Bodenspekulation. Ungeklärte Besitzverhältnisse, aber auch brutale Gewalt durch angeheuerte Killerkommandos haben
zur Vertreibung von rund 12 Millionen Menschen vor allem aus den traditionellen Siedlungsgebieten im Nordosten und Süden Brasiliens geführt.
„lm Mai wurde ein ehemaliger Militärpolizist, der im April 1991 in Xinguara zwei Landarbeitergewerkschafter ... ermordet und Orlando Canuto verletzt hatte, zu 50 Jahren Haft verurteilt. Dies war
das erste Gerichtsverfahren und zugleich die erste Verurteilung im Zusammenhang mit Hunderten von Morden, die in den vergangenen 30 Jahren an Landarbeitern und Gewerkschaftern im Süden des
Bundesstaates Pará verübt worden sind. Im November gelang dem verurteilten Polizeibeamten die Flucht aus dem Zentralgefängnis in Belem."
1995 verkündete Präsident Cardoso eine umfassende Agrarreform, um Hunger, Arbeitslosigkeit und Landflucht zu vermindern. Bis 1999 sollten etwa 11 Millionen Hektar brachliegenden Landes von Grossgrundbesitzern enteignet und an 280.000 Landarbeiter übertragen werden. Doch schon das Ziel für 1995, die Umsiedlung von 40.000 Menschen, wurde nicht erreicht. „Grossgrundbesitzer versuchen, die angekündigte Agrarreform aufzuhalten. Bisher ist ihnen das noch bei jedem Präsidenten gelungen. Dabei sind die Konzentration von 80 Prozent des fruchtbaren Bodens in den Händen weniger Eigentümer und ein Heer von zwölf Millionen vagabundierender Landarbeiter schwer zu rechtfertigen."
Rund drei Viertel von ihnen leben mittlerweile in Großstädten. Recife mit seinen etwa drei Millionen Einwohnern gilt als grössere Mittelstadt. Aber die Hoffnung ist meistens trügerisch: Vor allem die Landlosen, die keinerlei Ausbildung haben, sind auch hier die Letzten auf der Treppe. Oft sind es die Frauen und Kinder, die ihre Familie über Wasser halten, weil sie mit noch geringeren Löhnen abzuspeisen sind als die Männer. Drei bis vier Millionen Kinder unter 14 Jahren haben einen festen Job - diejenigen, die als Schuhputzer, Autowäscher, Zigarettenverkäufer oder sonst was im „informellen Sektor" tätig sind, zählt niemand. In Recife sind fast zwei Drittel der Einwohner ohne feste Anstellung. Die Städte platzen aus allen Nähten und die Elendsviertel, die Favelas, wuchern an ihren Rändern.
Amnesty international sagt in ihrem Jahresbericht: jedes siebte Kind lebt auf der Strasse. In kleinen Banden ziehen sie durch die Städte, betteln, durchwühlen Abfallkörbe und stehlen auch schon mal, wenn sich die Gelegenheit bietet. Mehr als eine halbe Million Minderjährige geht der Prostitution nach. Jeder ist ihr Feind: die Passanten, die Geschäftsleute, denen sie „das Bild der Stadt" verderben, der Polizei, die sie immer wieder einsammelt, schikaniert und manchmal auch misshandelt. Aber die grösste Bedrohung stellen die Todesschwadronen dar, die oft von den Geschäftsleuten angeheuert werden, um „Ordnung und Sauberkeit" herzustellen. „Am 18. Juni wurden vor der Kirche Santa Cecilia in Bras de Pina, einem Vorort von Rio de Janeiro, die halbnackten Leichen von zwei Mädchen und einem Jungen im Alter zwischen zwölf und 15 Jahren aufgefunden. Die Körper waren so auf die Strasse gelegt worden, dass sie ein Kreuz bildeten. Alle drei Leichen wiesen Einschusswunden an Kopf, Brust und Gliedmassen auf; dem Jungen hatte man zudem die Hände auf dem Rücken gefesselt. Die Morde an den Kindern sind in einer für das Vorgehen von „Todesschwadronen" typischen Weise verübt worden. Unter ähnlichen Umständen sollen zwischen September 1993 und Juni 1994 allein in Rio de Janeiro 1.200 Menschen ums Leben gekommen sein. 90 Prozent dieser Fälle blieben unaufgeklärt."
Das Kinder - und Jugendgesetz (ECA) wurde 1990 als Bundesgesetz verkündet- nachdem in einer grossen Kampagne mehr als 200.000 Unterschriften von Erwachsenen und mehr als 1,4 Millionen von Kindern gesammelt und der verfassunggebenden Versammlung vorgelegt worden waren. Die Grundrechte von Kindern und Jugendlichen werden darin festgesetzt, und die Einrichtung von Räten für diese Rechte und von Vormundschaftsräten in den Kommunen, Bundesstaaten sowie auf nationaler Ebene beschlossen. Obwohl diese Räte bisher erst in einem Drittel aller Kommunen eingerichtet worden sind, werden sie von Gruppen und Organisationen, aber auch von Einzelnen bereits in Anspruch genommen. Ein wichtiges Ziel für viele ist, eine ausreichende Schulbildung durchzusetzen: Schliesslich kann heute jeder fünfte Brasilianer nicht lesen und schreiben. Von 30 Millionen Schulanfängern schliessen mehr als die Hälfte die achte Klasse nicht ab.
Schenken wir den Kindern und Jugendlichen wieder ein Lächeln – ein Leben lang.
Die Erziehung, Schulung und Förderung der Kinder und Jugendlichen basiert auf den Grundwerten des christlichen Glaubens - das ist unser Antrieb.
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